Rezension zu Jeanette Lagalls "Die Reise des Karneolvogels: Der Wanderzirkus"
Um der arrangierten Hochzeit zu entgehen, verkleiden sich
die beiden ‚höheren Töchter‘ Riki und Myra als Knaben und schließen sich einem
Wanderzirkus an. Dank ihrer neuen Identität entkommen sie zwar den Fesseln der
viktorianischen Gesellschaft, doch die Welt der Gaukler ist nicht nur bunter,
sondern auch gefährlicher als erwartet.
Der Karneolvogel, ein mächtiges Artefakt der Gaukler, ist
verschwunden und sein Hüter Ramiro schwebt in Lebensgefahr, wenn es nicht bis
zur großen Versammlung wieder auftaucht. Dass nun auch noch die Liebe ihre
kapriziösen Finger ins Spiel bringt, verschärft die Situation zusätzlich – denn
was würden die Zirkusleute tun, wenn die Lüge der beiden ‚Knaben‘ ans Licht
kommt?
Das Geheimnis muss also um jeden Preis gewahrt bleiben. Aber
wie, wenn ausgerechnet derjenige Gefühle für Riki entwickelt, der sich selbst
niemals eingestehen könnte, einen Jüngling zu lieben – und für den Liebe und
Verrat ohnehin Hand in Hand gehen.
Während die Gaukler den Spuren des Artefaktes folgen und
sich herauskristallisiert, dass womöglich ein Verräter unter ihnen ist, setzen
die Familien der Mädchen alles daran, die Ausreißerinnen zu finden, und bringen
damit den ganzen Wanderzirkus in Gefahr…
Charaktere:
Das Buch lebt in erster Linie von den zwei Protagonistinnen
Riki und Myra. So lernt man sie zu Beginn als Pensionatsschülerinnen kennen,
die den verstaubten Ansichten über die weibliche Rolle und der damit
verbundenen ‚Zwangsheirat‘ entkommen möchten. Als einzigen Ausweg, um ihrem Schicksal
zu entkommen, bleibt beiden nur die Flucht. Sie verkleiden sich als Knaben und
schließen sich einem Wanderzirkus an. Durch die neu gewonnene Freiheit
entwickeln sich die beiden geistig aber auch körperlich auf eine Art und Weise
weiter, wie sie es in ihrem behüteten Leben im Pensionat nie für möglich
gehalten hätten. Dieser Reifeprozess steht für mich im Vordergrund und zieht
sich wie ein roter Faden durch die Story. Die vielen anderen Figuren der
Geschichte sind aber nicht weniger liebevoll kreiert. Sie sind sehr vielschichtig
und so unterschiedlich in ihrem Wesen beschrieben. Aber genau das verleiht die
nötige Abwechslung und Dynamik, damit der Plot nicht langweilt und der Leser
sich in die Charaktere emotional einfühlen kann.
Cover:
Das Cover des Buches hat mich direkt in seinen Bann gezogen. Auf den ersten Blick erkennt man die Zweiteilung der Front in helle und dunkle Farben. Im Zentrum steht ein Gesicht, dass zwei unterschiedliche Persönlichkeiten widerspiegelt. Die linke Gesichtshälfte zeigt einen Jungen mit Mütze und kurzen blonden Haaren. Im Hintergrund sind ein Zirkuszelt sowie ein Vogel mit Zirkusmütze zu erkennen. Die bestimmenden Farben auf dieser Hälfte sind sehr dunkel. Es wirkt auf den Betrachter eher düster. Auf der rechten Seite des Covers ist ein wunderschönes Frauengesicht in warme und helle Farben getaucht. Schöne Orange- und Gelbtöne vermitteln ein positives Bild und unterstreichen die schlichte Schönheit des Gesichtes. Aber genau dieser Gegensatz macht das Titelbild so geheimnisvoll und ansprechend.
Schreibstil:
Die Autorin schafft es in ihrem Debütroman eine zauberhafte
Welt entstehen zu lassen, die einen in die viktorianische Zeit Englands
entführt. Die Sprache der Autorin ist bildhaft und lebendig, so dass man sich
gut in die Geschichte und auch die Protagonisten hineinversetzen kann. Der
Schreibstil war für mich an manchen Stellen allerdings etwas anstrengend zu
lesen. So sind häufig sehr lange Sätze mit vielen Informationen gespickt, die
ich teilweise mehrmals lesen musste, um den gesamten Inhalt zu erfassen. Auch
Wortdopplungen störten im Verlauf des Buches immer wieder den Lesefluss. Einige
Stellen des Buches hätten zudem nicht so ausführlich beschrieben werden müssen.
Dadurch fehlt es bei manch wichtigen Ereignissen an Tiefgang. Dennoch ist man
gerade gegen Ende der Geschichte gespannt, welche Überraschungen Jeanette
Lagall in der Fortsetzung des gelungenen ersten Buches für ihre Leser
bereithalten wird.
Fazit:
Bereits das Cover entfachte meine Leselust. Schnell hatte
mich die Handlung fest im Griff und ich wollte das Buch gar nicht mehr aus den
Händen legen. Dabei versteht es die Autorin einen schönen Spannungsbogen
aufzubauen und den Leser so immer tiefer in die Geschichte eintauchen zu
lassen. Romantik, Herzschmerz, Action und Spannung sorgen für ein ausgewogenes
Leseerlebnis und erfüllen dem Bücherfreund so alle Wünsche an ein gutes Buch.
Gerade mich als Geschichtslehrerin hat die viktorianische Zeit und die äußerst
detailreiche Ausführung der damaligen Lebensweise sehr angesprochen. Alles in
allem war die Reise des Karneolvogels ein wunderbares Lesevergnügen, dass ich
jedem empfehlen kann, der Fantasyromane mit historischem Hintergrund mag. Aber
auch alle anderen können sich hier auf eine spannende Reise begeben, die Lust auf
weitere Abenteuer von Riki und Myra macht.
Das klingt auch verlockend. Oh je, wann soll ich nur alles lesen?!
AntwortenLöschenSchlafen wird überbewertet ;-)
AntwortenLöschenZu viele Verlockungen und zu wenig Zeit :-)