Mythos Shakespeare: Blogtourtag zu Jeanette Wintersons "Der weite Raum der Zeit"



Herzlich willkommen zum zweiten Tag der Blogtour zu Jeanette Wintersons "Der weite Raum der Zeit", einer Shakespeare-Adaption seines berühmten "Wintermärchen".
Nachdem ihr gestern mehr Details über das Stück des berühmten englischen Dichters und Schriftstellers erfahren habt, möchte ich euch heute ein wenig mehr über Shakespeare als Person, und im besonderen die vielen Mythen, die sich um ihn und sein Leben ranken, erzählen. Die Figur Shakespeare und sein Leben sind so umstritten, dass auch schon Hollywood die Brisanz erkannte  und mit Roland Emmerichs "Anonymus" einen Blockbuster zu diesem Thema in die Kinos gebracht hat. Aber eins nach dem anderen.

William Shakespeares Leben


Quelle: Pixabay
Wann genau William Shakespeare geboren wurde, ist nicht bekannt. Überliefert ist lediglich die Taufurkunde, die auf den 26. April 1564 (6. Mai 1564 nach unserem Kalender, da damals noch die julianische Zeitrechnung galt) datiert ist. Geht man davon aus, dass er mit einem Alter von drei Tagen getauft wurde, was angeblich typisch für diese Zeit war, so wäre sein Geburtstag der 23.4.1546 gewesen. Auf den ersten Blick nicht spektakulär, wenn da nicht die Tatsache wäre, dass Shakespeare in diesem Fall genau am gleichen Tag, am gleichen Ort (Stratford-upon-Avon) nur 52 Jahre später auch gestorben ist (Todestag 23.4.1616, nach unserem Kalender 3.5. 1616).

Ob dies wirklich zutrifft, bleibt wohl eher Spekulation, denn die Wissenschaftler behaupten, dass die 3-Tages-Tauf-Theorie an den Haaren herbeigezogen sei, um Geburtstag und Todestag zu vereinen.

Man geht davon aus, dass einer der bedeutendsten Schriftsteller und Dichter der Weltliteratur aus einem illiteraten Elternhaus stammt, wobei seine Eltern dennoch recht wohlhabend waren und ihm eine Schulbildung an der Grammar School in seinem Heimatort ermöglichten. Einige behaupten, seine Eltern seien Analphabeten gewesen. Als Beweis führen sie auf, dass Shakespeares Vater in seinen diversen Berufen (er war u.a. als Stadtrat, Kämmerer und bei Gericht beschäftigt) in den Korrespondenzen lediglich Zeichen als Signatur benutzt hätte.

Geburtshaus Shakespeare
Quelle: Wikipedia
Andere Schriftstücke von anderen "Beamten" hingegen beweisen, dass es damals durchaus üblich war, Signaturen anstelle von Unterschriften zu benutzen. John Shakespeare hatte allerhand wirklich beeindruckende Berufe, wobei mich der Biertester (von Amtswegen) am meisten amüsiert hat, und ich denke, er hätte es in der Stadtverwaltung ohne Schrift- und Lesekenntnisse nicht so weit gebracht. Ob Mama Shakespeare allerdings des Schreibens und Lesens mächtig war, weiß ich leider nicht.


Ein weiterer Fakt, der mich ziemlich beeindruckt hat, war, dass der 18- jährige Dichter seine damals schwangere Freundin (ich geh zumindest mal davon aus, da das Kind wohl seines war) geheiratet hat, obwohl diese als Bauerntochter weder standesgemäß noch in seinem Alter war.

In unserer Zeit hätte die Ehe eines 18-jährigen mit einer, haltet euch fest, 26 jährigen schon für Aufsehen gesorgt, doch zu der Zeit war die gute Dame schon kurz vor dem "Rentenalter" (legt man eine durchschnittliche Lebenserwartung von max. 30-40 Jahren zugrunde).



6 Monate nach der Hochzeit wurde die älteste Tochter Susanna geboren, der knapp zwei Jahre später die Zwillinge Hamnet und Judith folgten, wobei Hamnet aus unbekannten Gründen leider im Alter von 11 Jahren verstarb. (All die Daten, die dies belegen, sind offizielle Kirchendokumente, also Taufurkunden, das Datum des Aufgebotes und die Sterbeurkunden)
Kritiker behaupten, dass seine Kinder Analphabeten gewesen sind und es stellt ich heute noch die Frage, wieso so ein bedeutender und produktiver Schreiber seine Töchter nicht unterrichten ließ, damit sie seine Werke lesen und verstehen können.

Gegen dieses Argument könnte man jedoch anführen, dass zumindest Susannas Unterschrift überliefert ist und sie somit doch gewisse Kenntnisse im Lesen und Schreiben gehabt haben muss. Bei Judith ist nur eine Signatur überliefert, was aber, wie wir bei Papa John schon gelernt haben, für diese Zeit alles andere als untypisch war. Ich persönlich denke, wenn jemand so modern ist und eine schwangere Frau sehr hohen Alters heiratet, wird er wohl kaum seinen Töchtern Bildung verwehrt haben. Vielleicht war die Ausbildung nicht so umfassend, wie bei einem Jungen, aber ich denke, sie waren fit genug, um im Alltag zu bestehen.

Erstes unter dem Namen
William Shakespeare erschienenes
Werk, 1593
Quelle: Wikipedia
Shakespeare war zeitlebens sehr produktiv, die acht Jahre, die als "verlorene Jahre" bekannt sind, beleuchte ich gleich noch etwas näher. In seiner Schaffenszeit hat er 38/37 (je nachdem, wie man zählt)  Dramen und epische Versdichtungen verfasst, sowie 154 Sonette (und das sind nur die überlieferten Dinge, wer weiß, wie viel im Laufe der kriegerischen und turbulenten Zeiten verloren gegangen ist und wenn wir ehrlich sind, die Sammelwut, jedes noch so kleinen Details für die Nachwelt festhalten zu müssen, ist damals erst in seinen Anfängen gewesen).





„Eine Million Wörter an dramatischem und lyrischem Text sind von ihm überliefert, aber nur 14 (!!) mutmaßlich in seiner Handschrift geschriebene Wörter wurden je gefunden." (DIE ZEIT)

Woran liegt das? Verschwörungtheoretiker wittern darin die großen Skandale: Gab es den Schriftsteller William Shakespeare wirklich?

Fakt ist, die Informationen, die man über die ersten 28 Lebensjahre des mittlerweile romantisch verklärten Universalgenies hat, sind nur sehr spärlich und meist auch nicht gesichert. Fast 10 Jahre war er komplett von der Bildfläche verschwunden und das, was er in dieser Zeit gemacht hat, ist nicht eindeutig rekonstruierbar. Das ruft natürlich wieder die Skeptiker auf den Plan.
Der wohl größte Mythos rund um den Dichter Shakespeare ist, dass es ihn gar nicht gab. Insgesamt 57!!!! mögliche Kandidaten, die sich hinter diesem Pseudonym verstecken, werden gehandelt, wobei die meisten "Beweise" angeblich bei einem der Anwärter gefunden wurden.

Christopher Marlowe Portrait 1585
Quelle: Wikipedia
Am hartnäckigsten hält sich die Theorie der Marlowianer, die behaupten, Christopher Marlowe habe sich im Exil in Italien des Pseudonyms bedient und die Identität angenommen, um weiterhin ungestraft seine Werke veröffentlichen zu können. Dafür spricht, dass er zum einen die Bildung hatte und mit seinem innovativen und modernen Schreibstil neue Wege bestritt. der ihn definitiv weltberühmt gemacht hätte, wäre da nicht ein gewisser William Shakespeare plötzlich auf der Bildfläche erschienen. Nur zwei Wochen, bevor Shakespeare sein Debüt in London veröffentlichte und damit die gesamt Künstlerszene der Stadt "revolutionierte", starb Marlowe bei einer Messerstecherei.Entweder ein riesen Zufall oder eine geschickte Inszenierung, denn die Anhänger dieser Theorie glauben, Marlowe habe seinen Tod genutzt, um im Exil in Italien weiter seiner Leidenschaft des Schreibens frönen zu können. Dafür spricht, dass er als homosexueller Rebell und Geheimagent, der unter anderem wegen Ketzerei und Staatsbeleidigung angeklagt worden war, Angst vor politischer Verfolgung haben musste. Die Marlowianer unterstreichen zudem ihre Ansicht damit, dass ein Shakespeare mit der Vita keinesfalls Geographie- und Ortskenntnisse verschiedenster Länder, vor allem Italien, haben konnte.

Dagegen spricht allerdings, dass diese so leidenschaftlich angeführten Kenntnisse teilweise dermaßen absurd sind, dass sich der Verfasser, wer auch immer er war, definitiv nicht in den Regionen auskannte. Auch die angebliche Homosexualität, die man so leidenschaftlich zwischen den Zeilen in den Sonetten beschrieben finden kann, werden häufig als Argument für den schwulen Dichter Marlowe geführt.
Würde man die Werke des Dichters als eine Art literarisches "Tagebuch" sehen und interpretieren, mag dies womöglich zutreffen, doch war es zu Zeiten Shakespeare alles andere als üblich, dass sich die Verfasser in ihren Werken selbst reflektierten.

"Gedichte waren keine Ergüsse des Herzens, die einer Aufwallung der Gefühle geschuldet waren. Sie waren ein strenges Formenspiel, das gesellschaftlich reglementiert war und vor allem der Unterhaltung diente. Wir können die Texte und Gedichte also nur bedingt als Grundlage für unsere Annahmen über Shakespeare verwenden, was viele Spekulationen hinfällig macht." (literaturtipps.de)


Globe Theatre London (Rekonstruktion)
Quelle: Wikipedia
Hätten die Marlowianer Recht, dann wäre Shakespeare historisch gesehen womöglich nur ein kleiner, aber sehr geschäftstüchtiger Schauspieler und Theaterbetreiber in London gewesen, der durch die sozialen Widrigkeiten und Umstände eines dramatischen Dichters, der keine andere Chance sah, als sich eines Pseudonyms zu bedienen, posthum zu Weltruhm gelangt.

Wer auch immer er war, der Erfolg spricht für ihn. Es gibt natürlich noch viele weitere Mythen und Verschwörungstheorien, die sich um ihn, sein Schaffen und sein Vermächtnis ranken, doch das hätte den Rahmen noch viel mehr gesprengt.

Portrait mit Goldohrring
Quelle: Pixabay
Er war in meinen Augen genial, modern, revolutionär und irgendwie auch ein Rebell. Shakespeare trug einen goldenen Ohrring in seinem linken Ohr (wohl ein Zeichen für seine rebellische und unkonventionelle Ader), führte ein Doppelleben in London als Künstler und seiner Heimatstadt als angesehener Geschäftsmann. Seine Stücke wurden in so viele Sprachen übersetzt, wusstet ihr, dass es seinen "Hamlet" in 75!!!! Sprachen gibt (darunter auch in Klingonisch und Esperanto).
Das Wort "Liebe" verwendete er insgesamt 2191 mal in seinen gesamten Werken.
Allein sein "Romeo und Julia" wurde in den letzten 10 Jahren in 24 Ländern aufgeführt, seine Werke werden in Büchern, Filmen und Serien adaptiert. Viele Phrasen aus seinen Texten haben als geflügelte Worte/Ausdrücke überlebt und sind heute aus dem Sprachgebrauch nicht mehr wegzudenken ( 'Heart of gold' (Henry V)/ 'Break the ice' (The Taming of the Shrew)/ 'For goodness’ sake' (Henry VIII)/ 'Love is blind' (The Merchant of Venice) )

Und alle seine Stücke, bis auf ein einziges ("Die lustigen Weiber von Windsor"), das in der UK spielt, sind in fiktiven oder fremden Ländern angesiedelt (auch wenn, wie wir bereits gelernt haben, einiges nicht so genau genommen wurde).




Shakespeare ist für mich ein absolutes Idol, denn ich bin immer wieder beeindruckt, wie er auch noch 500 Jahre nach seinem Tod unsere Kultur beeinflusst und bereichert.

Wenn ihr weitere Fakten und Mythen kennenlernen wollt, dann schaut doch auf die folgenden Seiten. Besonders das Interview zwischen Roland Emmerich und dem deutschen Shakespeare-Guru Frank Günther aus "Der Welt" möchte ich euch ans Herz legen.
Viel Spaß beim Schmökern :-)

http://www.history.com/news/history-lists/10-things-you-didnt-know-about-william-shakespeare
http://www.nosweatshakespeare.com/resources/shakespeare-facts/
https://de.wikipedia.org/wiki/William_Shakespeare
http://www.literaturtipps.de/topthema/thema/das-ewige-raetsel-um-william-shakespeare.html


Aber genug Theorie für heute.
Wie immer gibt es wieder einen tollen Preis zu gewinnen. Was müsst ihr tun, um in den Lostopf für den Print zu Jeanette Wintersons "Der wiete Raum der Zeit" zu springen?

Ganz einfach.... In den Blogtourbeiträgen sind Bilder einer Feder versteckt.
Ihr müsst sie zählen und die Gesamtzahl am Ende in einer Email an info@buchreisender.de Betreff: Der weite Raum der Zeit bis spätestens 23.08.2016 um 23:59 Uhr schicken.
Das war's auch schon, gut, ein wenig Glück bei der Losfee gehört natürlich noch dazu.

Teilnahmebedingungen:


*Die Teilnahme an dem Gewinnspiel ist ab 18 Jahren möglich. Andernfalls ist eine Teilnahme nur mit Erlaubnis des Erziehungs-/Sorgeberichtigten möglich.
*Der Versand der Gewinne erfolgt nur innerhalb Deutschland, Österreich und Schweiz.
*Der Rechtsweg ist ausgeschlossen.
*Für den Postversand wird keinerlei Haftung übernommen.
*Eine Barauszahlung der Gewinne ist leider nicht möglich.
*Als Teilnehmer erklärt man sich einverstanden, dass die Adresse an die Autorin/ an den Autor oder an den Verlag im Gewinnfall übersendet werden darf.
*Der Gewinner ist damit einverstanden öffentlich genannt zu werden.
*Jede teilnahmeberechtigte Person darf einmal pro Tag an dem Gewinnspiel teilnehmen.
*Mehrfachbewerbungen durch verschiedene Vornamen, Nachnamen, Emailadressen oder einem Pseudonym sind unzulässig und werden bei der Auslosung ausgeschlossen.
*Das Gewinnspiel wird von buchreisender.de organisiert.
*Das Gewinnspiel wird von Facebook nicht unterstützt und steht in keiner Verbindung zu Facebook.
*Das Gewinnspiel endet am 23.08.2016 um 23:59 Uhr.
*Der Gewinner wird per Mail kontaktiert!
*Der Beitrag der Gewinnernennung wird jeweils in der ersten Woche des Folgemonats veröffentlicht.

Hier nochmal der Blogtourfahrplan im Überblick:


15.08. – Shakespeares „Das Wintermärchen“

16.08. – Mythos Shakespeare

17.08. – Leo, MiMi und Xeno

18.08. – Der weite Raum der Zeit

19.08. – Perdita & Xenos einzigen Sohn

20.08. – Die Zeit heilt alle Wunden

21.08. – Die tiefe Sehnsucht in uns, die Fehler der Vergangenheit wieder gut zu machen








Kommentare

  1. ah wie toll wieder der heute beitrag zu der Blogtour ist- ich freue mich jeden Tag aufs neue und Sage Dankeschön es ist immer wundervoll etwas zu lesen und auch alleine schon das buch...... einfach toll
    VLG Jenny

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    1. Danke liebe Jenny... Das bedeutet mir viel.

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    2. sehr gerne und da freue ich mich ganz doll mit dir mit liebe Martina :-*
      Schön das du immer mit dabei bist - bei dir wird es nie langweilig ;-)

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  2. Hallo ,

    vielen Dank für den tollen und interessanten Beitrag.

    Liebe Grüße Margareta Gebhardt ( Stern44 )
    margareta.gebhardt@gmx.de

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