Lesetipp - Rezension zu Jürgen Seidels "Das Mädchen mit dem Löwenherz"

Titel: Das Mädchen mit dem Löwenherz: Ein Thriller aus der Zeit Martin Luthers
Autor: Jürgen Seidel
Verlag: cbj
Seiten: 384
ISBN: 978-3570159552
Preis: 16,99 € (Print) / 13,99 € (E-Book)
Erschienen: 02/17
Altersklasse: ab 12 Jahre
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Die ganze Welt ist voller Wunder
Als die 13-jährige Anna das erste Mal ins Visier der Mächtigen gerät, weiß sie nichts von den Kämpfen, die die katholische Kirche und die Anhänger Martin Luthers zu jener Zeit miteinander ausfechten. Doch Anna ist ein hochbegabtes Waisenmädchen, das über ein absolutes Gedächtnis verfügt, was Geschriebenes angeht. Ein der Reformation zugeneigter katholischer Würdenträger erkennt ihre Begabung. Fortan setzt er sie als Junge verkleidet als Spionin in eigener Sache ein, die den Klerus belastende Dokumente unters Volk bringt. Doch es dauert nicht lange, bis die katholische Kirche ihr auf die Spur kommt und Anna sich inmitten von Intrigen und Verbrechen wiederfindet. Jetzt, so denkt sie, kann ihr nur noch einer helfen: Martin Luther!




Für mich als Geschichtsfreak war dieses Buch ein absolutes Muss! Der erste Eindruck vom Cover überzeugte mich bereits. Schlicht, aber stimmig, ist die Kombination aus dem blonden Mädchen, das nur zur Hälfte auf dem Titelbild zu sehen ist, und der alten Schrift im Hintergrund. Absoluter Eyecatcher ist der purpurne Umhang, der so kräftig hervorsticht, dass man einfach nach dem Buch greifen muss.
Inhaltlich erwartete ich aufgrund des Titels einen Thriller, allerdings überraschte mich die Geschichte diesbezüglich. Als Leser muss einem klar sein, dass es kein klassischer Thriller ist, den wir als Erwachsene erwarten würden. In Anlehnung an die Zielgruppe und der anderen Zeit, in der die Geschichte spielt, kann man jedoch durchaus von einem Thriller ausgehen. Anna führte mich mithilfe ihrer Briefe an Luther durch ihr spannendes und überaus gefährliches Leben und offenbarte sich in dem einseitigen Briefwechsel dem Leser völlig. Selten habe ich eine Protagonistin so tiefgreifend in ihrer Entwicklung begleiten dürfen wie in diesem Buch. Sprachlich hat mich der Autor Jürgen Seidel komplett für sich eingenommen, denn ich liebe Bücher mit einer gehobenen Sprache, die mit Sicherheit der damaligen Zeit sehr nahe kommt. Schwierige Wörter wurden im Glossar erläutert. Wortgewaltig wird Annas Lebensgeschichte in der Ich-Form erzählt, was für mich als Geschichtslehrerin eine tolle Perspektive ist, denn zur damaligen Zeit waren Frauen nicht wirklich viel Wert und man bekommt beim Lesen einen subjektiven Eindruck der gesellschaftlichen Verhältnisse und Lebensumstände, die aus heutiger Sicht undenkbar wären. Die Brutalität des ausgehenden Mittelalters bzw. Beginn der frühen Neuzeit sowie die Skrupellosigkeit der Kirche und der Adligen werden auf eindringliche Weise geschildert, während die Tapferkeit und der Mut von Anna gerade für jüngere Leser eine tolle Botschaft vermittelt. Ein paar kleine Kritikpunkte muss ich an dieser Stelle jedoch einbringen. Der mittlere Teil des Romans ist ein wenig langatmig, dadurch kann der Spannungsbogen nicht aufrecht erhalten bleiben. Zudem hatte ich erwartet, dass die Reformation und Luther ein wenig stärker berücksichtigt werden und der Reformator eine aktivere Rolle in dem Buch spielt. De Facto sind lediglich die Briefe an ihn gerichtet. Inwieweit ihn diese erreichen, berühren oder ihn handeln lassen, geht aus der Handlung nicht hervor.




Ein toller historischer Roman, der gerade für Jugendliche einen anderen Blickwinkel auf einen so wichtigen Teil unserer Geschichte wirft und damit einen großen Beitrag zur geschichtlichen Bildung leistet. Ich habe die fiktive Lebensgeschichte von Anna sehr genossen und bin tief ins 16. Jahrhundert abgetaucht. Der Autor hat einen fantastischen Schreibstil, der trotz seines Anspruchs leicht und flüssig zu lesen ist. Für Fans historischer Romane ein absolutes Muss und auch Jugendlichen ab 12 lege ich dieses gelungene Buch ans Herz.





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